Der Begriff ‹Psychophysiognomik› wurde von Carl Huter im Jahre 1889 geprägt. Zuvor verwendete Carl Huter für seine Wissenschaft den Ausdruck ‹Psycho-Anthropologie›.
Auch wegen der alten physiognomischen Systeme, die meist wertvolle Erfahrungen, jedoch wenig wissenschaftliche Grundlagen enthielten, teilweise vom wissenschaftlichen Standpunkt her nicht nachvollziehbar waren, empfahl er mit einigem Widerstreben, jedoch um Missverständnissen vorzubeugen, die von ihm zur eigenständigen Wissenschaft erhobene Physiognomik als ‹Hutersche Psychophysiognomik› zu benennen.
Da sich die universitäre Anthropologie weitestgehend mit Rassen und nicht mit Individuen zu befassen und außerdem eine Tendenz zu entwickeln begann, die Carl Huter (1861-1912) nicht mittragen konnte, distanzierte er sich von selbiger.
Es traten auch nach Carl Huter Physiognomik-Lehren in Erscheinung, die den Anforderungen der Huterschen Psychophysiognomik nicht genügen. Meist heben dieselben irgendeinen physiognomischen Teil unverhältnismäßig hervor, während andere Teile vernachlässigt oder gar bekämpft werden, etwa Ludwig Klages (1872-1956) mit seiner spekulativen Graphologie; oder Paul Ekman (geb. 1934) mit seiner nicht lehr- und lernbaren sowie unnötig äußerst eingeschränkten Mimik-Auffassung; oder Ernst Kretschmer (1888-1964) mit seiner zwar an Universitäten betriebenen, gelehrten und mit einer Vielzahl von Ehrungen ausgestatteten, jedoch wissenschaftlichen Ansprüchen im Sinne der Huterschen Psychophysiognomik nicht genügenden Konstitutionstypenlehre. Insofern ist es mehr als gerechtfertigt, eine klare Abtrennung zu machen.
Es traten nach Carl Huter (1861-1912) auch Personen hervor, die sich rühmten oder vorgaben, die Huter’sche Psychophysiognomik zu ‹pflegen›, zu ‹lehren› oder zu ‹praktizieren›, die jedoch von derselben lediglich das eine oder andere Teilstück, oft noch falsch verstanden, herausgriffen und popularisierten. Auch sie haben viel Verwirrung gestiftet.
Die Hutersche Psychophysiognomik ist eine Universalwissenschaft, die sich sowohl mit dem Wesen und Zusammenhang von Form und Energie oder Form und ‹Charakter› in der Natur allgemein befasst wie auch mit dem Ausdruck der lebenden Organismen, insbesondere des Menschen. Ihre diesbezüglichen Grundlagenwissenschaften sind vor allem die Physik, Chemie und Mathematik, aber auch die Astronomie, die Geowissenschaften, die Biologie, einschließlich der Genetik und der Evolutionslehre, die Anatomie, Physiologie und Pathologie. Die verschiedenen, sich meist widersprechenden und bekämpfenden Schulen der Psychologie sind allesamt und bestenfalls als beachtenswerte Teilgebiete wissenschaftlicher Menschenkenntnis zu verstehen.
Die Hutersche Psychophysiognomik als Menschenkenntnislehre zieht alle Ausdruckswege in den Bereich der Betrachtung und des Studiums, Form, Farbe, Spannung, Strahlung und Bewegung sowie die sonstigen Lebensäußerungen, etwa das Verhalten, die Gestik, die Mimik, der Gang, die Sprache, die Schrift, Zeichnungen und Leistungen.
Die Hutersche Psychophysiognomik hat Teilgebiete wie die Naturell-Lehre und die Krankenphysiognomik, die sich einem speziellen Segment des Gesamtgebietes besonders widmen und für sich weitläufige Wissenschaften darstellen.
Die Hutersche Psychophysiognomik ist eine sich ständig in Entwicklung und in Austausch und Wechselwirkung mit anderen Wissenschaften befindliche Wissenschaft